Ankunft in Cape Town
Es ist ein tolles Gefühl, wenn man in so einem Vogel viele Stunden gen Süden fliegt und dann im Landeanflug auf Kapstadt die Winelands und die Paarler Berge sieht. Afrika! Für mich ein neuer Kontinent! Südafrika! So weit weg von
allem!
Die Winelands vom Flieger aus
Auf dem Flughafen ist erst mal Entschleunigung angesagt, 45 Minuten dauert es, bis wir bei der Passkontrolle sind. Überall viele Menschen, am Vodafone-Stand, an den ATM's, bei den
Autovermietern ...
Der Schritt aus der Flughafentür macht Spaß. 30 Grad! Sandalen statt Winterstiefel! Die ersten Minuten mit dem Mietwagen: Ich blinke grundsätzlich mit den Scheibenwischern, was mich als Touri outet. Die Ortsnamen
erinnern an schottische und irische Orte oder an Londoner U-Bahn-Stationen: Athlone, Epping, Glencairn.
Wir besuchen unsere Freunde Judy und Jeff, die in einem Vorort Cape Towns wohnen. Gepflegte Vorgärten und Häuser, die mich erst recht
wieder an Britannien erinnern. Nur das Wetter ist hier meist besser, aktuell hat es 30 Grad und die Sonne scheint.
Später beziehen wir das Haus am Meer, das uns Judy und Jeff zur Verfügung gestellt haben. Es steht in Simon's Town.
Wir besorgen das Nötigste in einem Supermarkt und begehen unseren Tagesabschluss am Hafen von Simon's Town in einem echten Chippie. Auch die Küche (Pies, Burger, Fish & Chips, Curries, ...) ist hier very british. Nur trinkt man in Südafrika selbst
im Chippie kein Bier sondern eine gepflegte Flasche Cabernet Sauvignon.
Cape Town
Der erste volle Tag führte uns zu den bunten Umkleidekabinen von Muizenberg, an die V & A Waterfront, in die Innenstadt, ins alte muslimische Viertel Bo-Kaap, auf den Aussichtspunkt Signal Hill und über den Chapmans Peak Drive retour nach Simon's Town.
Kap der Guten Hoffnung
Simon's Town liegt direkt an der Straße zum Kap der Guten Hoffnung. Die Küstenlandschaft mit Bergen, Klippen und versteckten Stränden ist wunderschön. Immer wieder sehen wir Paviane und Strauße und obwohl es hier sehr trocken ist, ist auch die Pflanzenwelt sehr bunt und vielfältig. Ich komme mir auf diesen leeren Traumstraßen vor, wie in einer endlosen Autowerbung.
Gegensätze
Die beiden Seiten des Kolonialismus: Zuerst besichtigen wir die Gefängnisinsel Robben Island, wo Südafrika jahrzehntelang seine politischen Gegner weggesperrt und gedemütigt hat, lassen uns von einem ehemaligen Häftling führen, sehen die Zellen und das Schiff Blouberg, auf dem 1991 die letzten Häftlinge in die Freiheit entlassen wurden. Danach fahren wir ins berühmte Hotel Mount Nelson, wo sich die Tische biegen und wir uns so richtig schön bedienen lassen. "Some more tea, Sir?"
Die Pinguine von Simon's Town
Die Boulders Penguin Colony in Simon's Town wird von SANparks (South African Nationalparks) verwaltet. Die hier beheimatete Kolonie von Afrikanischen Pinguinen ist eine von ganz wenigen. Die Tiere sind vom Aussterben bedroht.
Aufbruch ...
Nach sechs Tagen in und um Kapstadt treten wir unsere Reise entlang der Küste an. Zuvor besuchen wir noch die schwarze Township Kayelitsha, wo Judy seit vielen Jahren an einem Sozialprojekt mitarbeitet. Hier werden junge Mädchen ausgebildet. Wir besichtigen unter anderem eine Schneiderwerkstätte und einen EDV-Raum. Eine Berufsausbildung steigert das Selbstwertgefühl der Mädchen und bietet eine Alternative zum üblichen Weg: Mutterschaft und Unselbständigkeit.
Auf dem Weg zu unserem nächsten Quartier machen wir dann noch Halt im Hemel en Aarde Valley, wo wir eines der berühmtesten Weingüter - Hamilton Russell - besichtigen. Hier werden nur zwei Weine, ein Pinot Noir und ein Chardonnay, erzeugt, die jedoch zu den besten der Welt gehören. Schade, dass wir vom Pinot Noir nur den 2016er zur Verkostung bekommen, der ist eigentlich noch viel zu jung.
Quartier beziehen wir in De Kelders, einem Vorort von Gansbaai. Unser Guesthouse heißt "On the Rocks" und liegt direkt am Meer. Der Ausblick ist sensationell. Wir machen eine Township-Tour mit zwei sehr freundlichen Jungs und am Tag der Abreise einen Ausflug zur Robbeninsel Dyer Island. Ziel ist es, die “Marine Big Five“, also Haie, Südliche Glattwale, Robben, Delfine und Pinguine zu sehen. Vier davon sehen wir tatsächlich, die Walsaison ist in Südafrika allerdings längst vorüber. DAS Highlight ist ein Großer Weißer, der minutenlang um unser Boot schwimmt.
Unser nächstes Ziel ist Cap L'Agulhas, wo ein Leuchtturm und ein kleines Monument die Südspitze der afrikanischen Landmasse markieren. Obwohl es sich um einen geographisch bedeutenden Ort handelt, ist Cap L'Agulhas ein recht verschlafener Ort. Wir beziehen ein schönes Quartier bei netten Gastgebern und erkunden die Umgebung.
Wir fahren weiter nach Knysna. Die Fahrt auf der N2 ist traumhaft. Immer wieder wechselt die Landschaft, hin und wieder haben wir Blick aufs Meer. Kurz vor Knysna machen wir an einem See (dem Svartvlei) Rast. Eigentlich wollen wir Kaffee und Kuchen, aber die Lakeside Lodge bietet ein "Wine and Cheese Pairing". Faszinierend, wie man in diesem Land ständig in kulinarische Erlebnisse gerät, ohne danach suchen zu müssen!
Hier ein paar Fotos vom Autofahren in der Kapregion:
In Knysna wohnen wir im traumhaften Littlewood Garden. Die Anlage besteht aus mehreren Wohngebäuden in einer liebevoll angelegten Gartenanlage mit einem herrlichen, von Palmen umsäumten, Felsenpool, der einen eher an Bali oder Thailand denken lässt.
Wir beschließen, unseren Aufenthalt zu verlängern und verbringen tolle Tage in Knysna. Tagsüber erkunden wir die Gegend, besuchen den Farmer's Market in Sedgefield und die umliegenden Strände. Zum Beispiel Brenton-on-Sea,
einem traumhaften Sandstrand. Abends lassen wir uns kulinarisch verwöhnen. Immer eine Empfehlung ist der "Catch of the Day" und dazu eine Flasche Weißwein.
Hier noch ein paar Eindrücke von den Traumstränden rund um Knysna:
Tagesausflug in den Tsitsikamma Nationalpark
Ein wenig Safariflair
Ziel unserer Fahrt ist die Madi Madi Karoo Safari Lodge. Über eine Staubpiste erreichen wir das Einfahrtstor. Über die Sprechanlage melden wir uns an. Das Tor öffnet sich und wir fahren weiter. Ein Schild informiert uns darüber, dass wir nur noch 10 km (!) von der Lodge entfernt sind.
Wir verbringen hier entspannte Tage. Morgens machen wir einen Gamedrive, tagsüber faulenzen wir am Pool, an einem Nachmittag reiten wir ein wenig durchs Gelände. Am Abend wird gemeinsam gegessen, danach sitzt man gemütlich am Lagerfeuer. Auch wenn das Madi Madi was Größe und Tierbestand betrifft nicht mit den großen Nationalparks mithalten kann, kommt ein wenig Safarifeeling auf.
Oudtshoorn
In Oudtshoorn lebt 90% der weltweiten Straußenpopulation. Früher waren vor allem die Federn als modisches Accessoire äußerst begehrt und die Farmer sind zu Reichtum gelangt. Heutzutage wird vor allem das Fleisch als gesunde und schmackhafte Alternative zu anderen Fleischsorten vermarktet und aus der Haut der Tiere werden teure Schuhe und Handtaschen produziert.
Wir wohnen im De Denne Guesthouse, das sich auf dem Gelände einer Straußenfarm befindet. Alles hier hat kolonialen Charme. Wir buchen einen Tagesausflug. Zuerst zeigt man uns die Straußenfarm und dann geht es zu den Cango Caves und über den Swartbergpass. Auch mal schön, einen Tag lang nicht Auto fahren zu müssen. Kurz nach der Passhöhe halten wir und unser Guide bereitet für uns ein feines Picknick. Wir genießen zu Pasteten, Käse, Wein und Obst auch den herrlichen Blick über die Swartberge.
Matjiesfontain
Wir fahren über die R62 in Richtung Westen. Kurz vor Zoar zweigen wir auf die spektakuläre R323 und fahren durch das Towerkop Nature Reserve. Eine der coolsten Strecken, die ich jemals mit einem Auto befahren habe. Die Straße geht durch eine enge Schlucht. Oft glauben wir, dass es unmöglich weitergehen kann, aber das schmale Band windet sich immer wieder um die Felsen.
Unser heutiges Fahrziel ist Matjiesfontain. Der kleine Ort besteht im wesentlichen aus dem Lord Milner Hotel, einem Bahnhof, einem Pub, einem Postamt und ein paar wenigen Nebengebäuden, in denen unter anderem teils recht skurrile Museen untergebracht sind. Im Rahmen der kürzesten Stadtrundfahrt der Welt - in einem ausrangierten roten Routemaster - kann man sich davon überzeugen, dass es hier wirklich nicht viel mehr gibt. Nach dem Ende der Fahrt setzt sich der Busfahrer im Pub ans Klavier und macht Stimmung.
Alles wirkt wie aus der Zeit gefallen. In Matjiesfontain füllten früher Dampflokomotiven ihre Wasservorräte auf, später kam das Hotel. Um 1900 galt der Ort als chic und illustre Gäste wie Cecil Rhodes, Edgar Wallace, die Schriftstellerin Olive Schreiner und Lord Randolph Churchill (der Vater von Winston) gingen ein und aus. Seitdem scheint sich hier nichts verändert zu haben.
Die Winelands
Unsere letzte Station ist Paarl. Das Städtchen liegt mitten in den Winelands. Wir haben wieder einmal ein schickes Quartier, erkunden die Gegend und nehmen an einigen Weinverkostungen teil. Besonders in Erinnerung bleiben uns Babylonstoren mit seiner tollen Gartenanlage und der Pinotage-Spezialist Kanonkop, wo man auf einem markierten Pfad durch die Produktionsanlagen gehen darf. Auch die Paarl Rocks besteigen wir. Zwischendurch erholen wir am Pool. Die Zeit vergeht rasch und so müssen wir in Richtung Flughafen aufbrechen.
Fazit
Was mir im Vergleich zu Asien - ja, ich muss das vergleichen, ich kenne ja sonst nix - fehlt, ist das Rätselhafte, die Exotik, die Herausforderung. Wo ist der Busbahnhof? Wie kann ich mich verständlich machen? Was tut der Typ da gerade? Was ist das für eine Zeremonie, die da grade abläuft? Was ist da auf meinem Teller? Und vieles mehr ... Das gibt's in Südafrika nicht. Trotz 15 Flugstunden ist es dort nicht exotischer oder herausfordernder als bei einer Mietwagentour an der Nordseeküste oder durch die Toskana. Spannender wäre nur, wenn man mal in ein Township fährt und dort aus dem Auto aussteigt und ein wenig rumläuft. Davon wird einem natürlich - zu Recht - abgeraten. Und das ist ein weiterer Minuspunkt im Vergleich zu Südost- oder Ostasien, wo man überall und zu jeder Tageszeit rumstiefeln kann, wie es einem gefällt.
Aber das war's dann schon mit rummosern. Südafrika ist landschaftlich großartig. Beim Autofahren ändert
sich oft alle 30 Kilometer die Landschaft komplett. Ich wähnte mich manchmal an einem Tag in Südfrankreich, Cornwall, Schottland, Kanada und Texas. Die Menschen sind extrem freundlich, entspannt und serviceorientiert. Das merkt man in jeder Situation,
in der Supermarkt-Schlange, beim Autofahren, in der Gastronomie, ...
Ich hab mich einige Monate vor der Reise in einer Facebook-Gruppe zu Südafrika angemeldet. Da kommen die üblichen Fragen (bestes Guesthouse da, bestes Restaurant dort,
...). Mein Eindruck war, dass das etwas übertrieben ist, und dieser Eindruck hat sich absolut bestätigt. Alle unsere Quartiere waren sehr gut, entsprachen 100% den Beschreibungen und die Betreiber waren engagierte Gastgeber aus voller Überzeugung.
Und wenn man in irgendein Restaurant im Hafen oder am Meer geht, dann passt die Qualität, sowohl was den Service als auch die Speisen und Getränke betrifft. Und das ohne sich aufbrezeln zu müssen. Top-Gastronomie oder ein klassisches Konzert,
wie wir es in Stellenbosch erlebt haben, geht auch in Shorts und Flipflops!
Ich denke, es wird eine zweite Südafrika-Reise geben. Vielleicht diesmal ein echtes Game Resort in der Gegend um Jo'burg und danach eine Zugfahrt in einem der sehr
guten Züge (z.b. Shosholoza Meyl's) nach Kapstadt, Durban oder Port Elizabeth und am Ende wieder unten ans Meer (z.B. nach Knysna).
Ein paar praktische Hinweise:
Unsere Quartiere haben zwischen 48 und 97 Euro p.N. gekostet, bei manchen war das Frühstück dabei, andere waren "self catering". Ausreisser nach oben war das Amberg Country Estate in Paarl, wo wir für 3 Nächte ohne Frühstück 378 Euro bezahlt haben, aber die Winelands sind ein wenig teurer.
Unser Mietwagen (ein Hyundai Accent, 4-türig, manuelle Schaltung) kostete inkl. Versicherung ohne Selbstbehalt für 21 Tage 392 Euro, also 19 Euro pro Tag. Gebucht haben wir über den ADAC, das ist sehr empfehlenswert. Der Liter Benzin kostete ca. 0,85 €.
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